Sync.
Wie jedes Wort in der Sprache steht zunächst ein leerer Begriff im
Raum, den wir nach und nach mit Bedeutung füllen, bis wir ein
Verständnis davon entwickelt haben und wissen, was der der Begriff
bedeutet. Dabei kann jede noch so gute Beschreibung höchstens eine Idee
vermitteln, aber nicht die praktische Erfahrung und die daraus
entstehenden Erkenntnisse und Einsichten ersetzen, um wirklich zu
verstehen, was Sync bedeutet. Sync lässt uns in die tiefsten Tiefen
sinken, weit tiefer als wir in der Lage sind, zu denken. Sync kann uns
bis auf den Grund von allem führen, wo Begriffe und Sprache versagen.
Die Sync-Praxis beginnt mit der tiefen inneren Bereitschaft, sämtliche
Vorstellungen, Weltbilder und dergleichen loszulassen. Dies gelingt dann
am leichtesten, wenn diese Vorstellungswelt in einer Krisensituation
beschädigt ist, ähnlich der Situation eines Schiffbrüchigen, der sich
bereits im Wasser befindet und sich nur noch an einen verbleibenden
Trümmerrest der zerbrochenen Vorstellungswelt klammert, welche vorher
ein scheinbar unsinkbares Schiff darstellte. Ungleich schwieriger und
scheinbar ohne Anlass mag das Zurücklassen dieses Schiffs sein, so lange
an dessen Stabilität und Unsinkbarkeit geglaubt wird. Um befreit syncen
zu können, ist das Loslassen der wesentliche Einstiegsschlüssel.
Als
Einstiegspunkt können wiederkehrende Zufälle genutzt werden, die sich
weiter intensiveren, sobald Aufmerksamkeit darauf gelenkt wird und eine
Auseinandersetzung damit stattfindet. Ein Beispiel: Es könnte in einem
Gespräch mit einem Freund beginnen, der beiläufig über Tauben spricht,
oder einem Traum von Tauben, einer spontanen Idee, die sich um Tauben
dreht, einem Film, in dem Tauben vorkommen – es ist letztlich völlig
egal, wie oder wo es anfängt. Anschließend könnten sich in
unterschiedlichster Form Referenzen auf Tauben zeigen, z.B. als
Abbildung in der Zeitschrift, die der Sitznachbar gerade in der U-Bahn
liest, dann auf einem Werbeplakat in der nächsten Station, die sich als
weitere Steigerung den Namen Taubenplatz trägt. Durch die Anhäufung von
gleichartigen Zufällen dringen diese in das Bewusstsein und werden
dadurch als bedeutsame, emotional berührende Syncs wahrgenommen.
Manchmal werden Syncs so überaus deutlich, dass es geradezu lächerlich
wirkt. Im Beispiel der Tauben könnte eine derartige Überdeutlichkeit
dadurch erreicht werden, wenn der Spaziergang nach Hause im Anschluss an
die U-Bahnfahrt zusätzlich noch von einem Taubenschwarm begleitet
würde, wo sich im Briefkasten eine Postkarte mit einem Taubenmotiv von
der Schwester aus dem Urlaub findet, die lange nichts mehr von sich
hören hat lassen.
Hat
es der Zufall im Bewusstsein des Beobachters zum Sync geschafft, lässt
sich dieser weiter vertiefen, um dessen Bedeutung zu verstehen. Dazu
wird der jeweilige Kontext beachtet, in dem der Sync auftritt. Sofern
sich dort ebenfalls ein oder mehrere wiederholende Elemente finden
lassen, so können diese ebenfalls zum Sync werden - es entsteht ein
Sync-Muster. Die Syncs offenbaren ihre Bedeutung durch den Kontext, in
dem sie auftreten. So kann bereits der Kontext eines einzigen Syncs
ausreichen, um die Bedeutung zu begreifen, in anderen Fällen ist die
Bedeutung nur im Sync-Muster insgesamt erkennbar. Die Bedeutung hat
meist einen persönlichen, häufig auch einen kollektive Bezug. Im
Beispiel der Tauben könnte der im Bewusstsein präsente Tauben-Sync am
nachfolgenden Tag vom Beobachter mit Befriedung verknüpft werden, wenn
dieser Zeuge davon wird, wie ein Taubenschwarm mitten in einer Gruppe
landet, die gerade im Begriff ist, aggressiv aufeinander loszugehen –
und durch ihren Eingriff verhindert. Auch wenn der Beobachter noch nie
etwas von der symbolischen Verknüpfung von Tauben und Frieden gelesen
oder gehört hätte oder diese Verbindung überhaupt nicht (mehr) bekannt
wäre – so könnte sich diese Bedeutung durch weitere Syncs durchsetzen
und festigen, da häufig auch andere Beobachter unabhängig durch Sync die
gleiche Bedeutung feststellen können, unabhängig von einer historischen
Zuordnung. Der Beobachter, der diese Bedeutung nun erfasst hat, könnte
feststellen, dass er selbst seit langer Zeit im Streit mit seiner
Schwester war, die ihm die Postkarte mit dem Taubenmotiv geschickt hat
und die überwältigende Sync Botschaft verinnerlichen, um bewusst Frieden
mit ihr zu schließen. Sync begleitet unser Leben wie ein unsichtbarer
Berater, der uns auf das hinweist und lenkt, was wir brauchen – was auf
den ersten Blick nicht unbedingt das ist, was wir wollen.
(Erster Abschnitt im Deutschen Original, NexusOfSync: Sync Life, The Sync Book 2: Outer + Inner Space, Shadow + Light: 26 Essays on Synchronicity)
Fortsetzung folgt.
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